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Presseecho

Bilderströme

Symposium vom 29. September bis
1. Oktober 2016

» … Der WDR knüpft an den Trend zur Fiktionalisierung an und probiert zugleich etwas Ungewöhnliches. In dem Vierteiler „Was geht mich das an?“ reproduzieren die fiktionalen Elemente nicht historische Schlüsselszenen, sondern sie erzählen von den inneren Konflikten der Menschen in jener Zeit. Die Fragen sollen sich zugleich an die heutige Generation richten, die vor anderen, aber ähnlichen Gewissensentscheidungen steht. Michael Köppel, Produzent der Reihe, nennt ein Beispiel: ‚Soll ich als Banker dem Rentner das riskante Finanzprodukt verkaufen, weil es mein Arbeitgeber verlangt?‘….
‚Was geht mich das an?‘ diente bei der Tagung ‚Bilderströme‘ der Dokumentarfilminitiative in der vergangenen Woche in Köln als aktuelles Beispiel für einen Trend: die Abkehr vom Zeitzeugen. In der WDR-Reihe übernehmen vor allem die fiktiven Figuren in den Spielszenen deren Funktion, abstrakte historische Ereignisse durch persönliche Erinnerungen zu unterfüttern. Neuere Produktionen gehen damit nur noch sparsam um. … «

Der Tagesspiegel, 04. 10. 2016 (Thomas Gehringer)

» … Wo steckt darin der Filmemacher, was sind seine Aufgaben?
Bei „ Sobytie/The Event“ über die Proteste während des dreitägigen Putschs im August 1991 war eine große Aufgabe, das historische Material in den Archiven aufzusuchen. Diese Aufnahmen dem Gedächtnis der Menschen zugänglich zu machen. Das macht die Bedeutung des Augenblicks erst deutlich, denn dies war das zweite Mal in der Geschichte des russischen Imperiums, dass die Menschen die Illusion haben konnten, dass sie etwas tun können. Sie vergegenwärtigen also eine Situation der Vergangenheit.
Der Film kann das Gefühl, das die Leute damals hatten, wieder heraufholen. Die zweite große Aufgabe besteht dann darin, das unterschiedliche Material zu einem einheitlichen Körper zu organisieren. … «

Kölner Stadtanzeiger, 15./16. Okt. 2016 (Interview von Frank Olbert mit Sergei Loznitsa)

»Immer rascher wird die Gegenwart Vergangenheit. Aktuelle Reportagen können in kürzester Zeit zu Wort- und Bildquellen für historische Dokumentationen werden. Dokumentarfilmer sind Chronisten ihrer Zeit, indem sie sich auf Spurensuche begeben und auch Einblicke in die Gegenwart bereits vergangener Zeitepochen gewähren können. Ebenso ist das Geschichtsfernsehen längst durch die Etablierung von eigens entwickelten Formaten zu einem festen Bestandteil des Programmangebots geworden …. Vor diesem Hintergrund beschäftigte sich die diesjährige Herbsttagung der Dokumentarfilminitiative …. mit neueren ‚Strategien zur Visualisierung von Geschichte im Dokumentarfilm‘. Das jährlich veranstaltete Symposium der im Filmbüro Nordrhein-Westfalen beheimateten und von Petra L. Schmitz geleiteten Dokumentarfilminitiative hat Workshop-Charakter. Unter den zur Diskussion gestellten Filmbeispielen gab es neben solchen neueren Datums auch einige ältere Beiträge zu sehen, die es jedoch aus aktuellen Gründen verdienen, neu entdeckt zu werden. … «

medienkorrespondenz, Heft Nr. 21, 14. Okt. 2016 (Brigitte Knott-Wolf)

»‚Bilder bedeuten alles im Anfang. Sind haltbar. Geräumig. Aber die Träume gerinnen, werden Gestalt und Enttäuschung.‘ So beginnt Heiner Müllers Gedicht ‚Bilder‘ aus dem Jahr 1955, in dem der Kommunismus noch das ‚Endbild‘ ist. Es handelt nicht zuletzt vom Sehen und Erinnern, von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Und von der Kraft der Ästhetik: ‚Denn das Schöne bedeutet das mögliche Ende der Schrecken‘, lautet der optimistische letzte Satz, in dem das Ende der
Schrecken zwar nicht versprochen, aber immerhin für möglich erachtet wird. Thomas Heise hat dieses Gedicht jetzt bei einem Symposium der Dokumentarfilminitiative in Köln zitiert, was aus persönlichen wie thematischen Gründen einleuchtend war. …
Längst ist Heise seine eigene Instanz geworden. Seine Filme beruhen auf präziser Beobachtung und scheren sich um die gängigen Fernsehkonventionen wenig. Sie zielen ‚am Markt vorbei, der nichts als Gegenwart generiert‘, bemerkte Heise spöttisch. Er sieht sich selbst in der Tradition der Ästhetik des Widerstands. …«

epd medien, Heft 42, 14.10. 2016 (Thomas Gehringer)


» …Nachdem, wie Fritz Wolf es formulierte, die ‚Ära Knopp‘ im Geschichtsfernsehen zu Ende geht – endlich! – öffnet sich das Spektrum der Möglichkeiten, mit denen Geschichte medial dargestellt wird. Die Methode der Filme von Guido Knopp (und Zulieferer) mit ihrer Führer-Zentriertheit, ihrer Personalisierung, mit ihrer Ignoranz gegenüber komplexen historischen Strukturen und der schematischen Bildgestaltung hatte vor allem wegen der quantitativen Erfolge lange Zeit großen Einfluss. Jetzt öffnet sich wieder das Feld. … «

Notizen zur Tagung ‚Bilderströme‘, agdok.de, 18.10. 2016 (Klaus Stanjek)

» … Ein zweiter locker verknüpfter Block der Tagung widmete sich auch hier dem Thema Migration, wobei produktive Bögen von der Nazizeit ins Heute geschlagen wurden. Hervorgehoben werden soll hier nur die … im Auftrag der britischen Administration 1949 von Rudolf Kipp realisierte Dokumentation ASYLRECHT über das damalige innerdeutsche Flüchtlingselend. Der vom Filminstitut restaurierte Film ist zu Bildungszwecken auf der Webseite nibis.de zu finden und bietet mit Begleitmaterialien, aber ganz ohne Bevormundung lehrreiches Anschauungsmaterial über Wiederholung und Differenz in der Geschichte.«

epd film, Heft 11/2016, 30.11. 2016 (Silvia Hallensleben)